Wer unser Magazin bzw. regelmäßig die Artikel auf unserer Webseite und in den anderen Publikationen ließt, der weiß, dass Föderalismus immer ein Thema war. Wir haben uns auf verschiedenen Messen mit Verbänden, Organisationen und Vereinen unterhalten, wo es nur um dieses Thema ging. Denn gerade ausländische Firmen oder Firmen im Ausland, und hier insbesondere in Asien, haben zum Teil darunter zu leiden, dass sie bestimmte Fachkräfte nicht bekommen bzw. am Ende nicht nach China bekommen. Die Ursachen dafür sind vielfältig und man kann das auch nicht alles nur auf den Bildungsföderalismus in Deutschland schieben, dennoch ist es so, dass das deutsche Bildungswesen insbesondere in China einen sehr hohen Stellenwert hat und Deutschland aber gerade dabei ist diesen Stellenwert zu zerstören.
Ein ganz besonderes Beispiel, obwohl es jetzt in diesem folgenden Interview nicht darum gehen wird, ist das duale System, also das Ausbildungssystem innerhalb eines Betriebes beziehungsweise in einer Berufsschule und das kombiniert mit verschiedenen Varianten, über Fachschulen, Fachhochschulen, Universitäten und der entsprechenden Durchlässigkeit zueinander. Dieses System wird schon seit Jahren demontiert und es ist leider so, dass man damit Konkurrenzfähigkeit, die man früher Ad-hoc hatte, weil man eben dieses Bildungssystem hatte, abgibt.
Der zweite Kritikpunkt gegenüber dem Föderalismus, den man im Ausland insbesondere in China oft hört, ist die Zeit. Es vergeht oft viel zu viel Zeit, bis einigermaßen umfassende Regelung oder rechtssichere Regelungen zu bestimmten Ereignissen oder einem gesellschaftlichen Wandel geschaffen werden, die für ein Unternehmen im Ausland unter Umständen wichtig sind. Das fängt schon mit ganz Kleinen Sachen an, zum Beispiel mit Steuern bzw. mit Gehaltsregelungen und so weiter und so fort. Das ist alles nicht so einfach für die Unternehmen im Ausland und sorgt unterschwellig immer für Aerger. Jetzt, im Augenblick haben wir die Korona-Krise und auch da zeichnen sich die Grenzen des Föderalismus ab. Ich selber will mir nicht anmaßen, davon zu sprechen, dass dieses System komplett gescheitert ist oder entgegengesetzt auf einem guten Wege sei. Ich könnte nur ein diffuses Gefühl äußern und das ist im Augenblick eher schlecht, wenn ich das sehe, wie andere im Vergleich dazu die keineswegs föderal organisiert sind, abschneiden. Nehmen wir mal Südkorea: Innerhalb relativ kurzer Zeit wurde das gewünschte Ergebnis erzielt. Und man kann hier nicht mit der China-Keule kommen und sagen, „Ja in China ist ja keine Demokratie die können ja Sachen durchsetzen die bei uns unmöglich durchsetzbar sind“. Das würde in Korea jetzt nicht gelten. Und sie haben prinzipiell etwas geschafft, um was man sich eigentlich beneiden musste. Nur den Deutschen fällt es nicht so leicht, von anderen Ländern zu lernen, und umgekehrt gibt man ja lieber den Lehrmeister.
Das folgende Interview habe ich mit Katja Koch und Matthias Brotkorb gehalten, die gerade ein Buch herausgegeben haben, „Der Abitur-Betrug vom Scheitern des deutschen Bildungsföderalismus“. Die Kritik in dem Buch kommen nicht von ungefähr: Mathias Brodkorb selber war Bildungsminister und auch Finanzminister in Mecklenburg-Vorpommern. Weiß also wovon er redet. Frau Professor katja koch ist ebenfalls im Bildungswesen an der Universität Rostock beschäftigt. Muss also jeden Tag hautnah erleben, wie etwas nicht geht. In diesem Interview begrenzen wir uns auf den Bildungsföderalismus, weil es ein zu großes Fass wäre, was wir da noch aufmachen müssten, wenn wir den Föderalismus gänzlich in einem Gespräch beleuchten wollten.
Das kann oder sollte man oder wird man auch tun gerade im Rückblick dann hoffentlich irgendwann auf die Koronakrise, aber wir haben uns jetzt mal hier beschränkt auf ein relativ kleines, aber wichtiges Feld, was Gerade eben auch für viele Leute interessant oder wichtig ist. Ganz aktuell für den Abiturjahrgang, den wir jetzt haben. Wenn diese Leute studieren Oder eine Lehre machen möchten, und zum Beispiel dann in China arbeiten möchten, dann wird sich herausstellen, wie man dann in der Industrie mit dieser Kohorte umgeht. Ich bin selber ein bisschen im Zweifel, dass das alles so glattgehen wird.